Endlich einheitliche Regelung bei der Kostenübernahme der Krankenkassen.
Viele Menschen benötigen in Österreich aufgrund einer medizinischen Ursache eine Perücke. Gerade bei Chemotherapie gegen Krebserkrankungen ist ein Haarausfall eine häufige Folge. Personen, die an Alopecia totalis leiden – eine Autoimmunerkrankung – sind gar von dauerhaftem, vollständigem Haarausfall betroffen. Die Kosten für eine Perücke können, wenn sie bei Friseurmeister:innen gekauft wird, bei der Krankenkassa zur Erstattung eingereicht werden.
Im Gespräch mit Peter F. Pfister erfahren wir mehr über die neuen Regelungen. Als Friseurmeister und Perückenexperte hat der Präsident des Weltverbandes der Intercoiffeure die Verhandlungen mit den Kassen initiiert und im Auftrag der WKO geführt.
Undurchschaubare Regelungen in der Vergangenheit
„Jahrzehnte lang war es eine sehr undurchschaubare und teilweise auch nicht nachvollziehbare Rückerstattung von Kosten für medizinisch notwendige Perücken. Ich habe das Perückenunternehmen meiner Eltern (Anm.: drei Standorte) 2021 übernommen, daher habe ich mich diesem wichtigen Thema gerne angenommen“, erzählt Peter F. Pfister.
Die Ausgangssituation: während in Tirol, Salzburg, Kärnten und Steiermark von Seiten der ÖGK Bundesländer ein Spielraum bis zur Höchstbemessungsgrundlage gegeben war und Betroffene meist problemlos die Rückerstattung von 90 % bis eben zu diesem Höchstbetrag bekamen, gab es in den fünf anderen Bundesländern meist eine Maximalleistung bis € 358,-.
Entgegen sonstigen gesundheitlichen Themen waren Betroffene von BVAEB und SVS hier größtenteils noch schlechter gestellt. Diese Ausgangssituation nahm Friseurmeister Pfister zum Anlass, um vorerst in Oberösterreich Gespräche zu erwirken. Beim ersten Gespräch im Mai 2020 (!) wurde Peter Pfister von den ÖGK-Verhandlern gebeten, die Verhandlungen über die Harmonisierung und Evaluierung zu führen und in der Folge von der Bundesinnung dafür auch beauftragt.
Einheitliche Kostenerstattung mit 2023
Im September 2022 konnte dann eine Einigung mit der ÖGK für ganz Österreich gefunden werden, welche am 1.1.2023 gültig wurde und der sich auch die BVAEB zu denselben Bedingungen angeschlossen hat. Demnach wurde sämtliche Tarife in den verschiedenen Tarifklassen deutlich erhöht und für ganz Österreich gültig!
Je nach Machart (Tresse, Teilgeknüpft, zur Gänze geknüpft, Monofilament, Filmansatz usw.) und Haarqualität sind die Tarife fixiert und werden bei Chemo-Patienten, je nach Verordnung, 90 % der Kosten bis zu einem max. Bruttobetrag von € 1.200,- von den jeweiligen Versicherern übernommen.
Für alle weiteren Perücken, also auch Echthaarperücken oder bei anderen gesundheitlichen Ursachen wie Alopecia totales (also der gesamte dauerhafte Haarverlust), müssen Anträge an die Versicherer gestellt werden. In diesen Fällen könnte dann eine Kostenübernahme bis zur aktuellen Höchstbemessung von derzeit € 1616,- brutto erfolgen.
Erleichterung für Aleopecia-Patient:innen mit 2024
Im Jahr 2023 gab es von den Versicherern noch eine Hürde für Alopecia Totales Betroffene, nämlich eine Verordnung durch einen Facharzt (Dermatologen). Diese wurde von Friseur-Vertreter:innen beanstandet, denn für Folgeverordnungen, also für Kund:innen, welche seit mehreren Jahren an diesem Haarverlust leiden, kam es einer Schikane gleich.
Mündlich ist es bereits verhandelt, dass nur eine Erstverordnung für diese Patient:innen nötig sein soll, um sie besser zu betreuen. Und hier kommt jetzt auch die SVS für Selbständige und Bauern als neuer Versicherungsträger hinzu. Rückwirkend ab 1. Jänner 2024 hat sich auch die SVS mit allen Tarifklassen angeschlossen und auch die bereits evaluierten Verbesserungen bereits zugestimmt – d.h. mit dem Jahr 2024 gelten nun einheitliche Kostenerstattungen für alle Kassen.
„Die Leistungen gelten im Übrigen bei jedem Friseur- und Perückenmachermeister in Österreich. Fachliche Kompetenz und Gewerbeberechtigung sind die Voraussetzung – Perücken z.B. aus dem Internet werden nicht ersetzt“, weißt Peter F. Pfister für Friseurkolleg:innen hin.
Auch die Option ein Vertragspartner-Unternehmen der Krankenkassen zu werden ist für Salons gegeben. „Bei den Vertragspartner-Unternehmen ist die Vorausleistung der Kund:innen nicht mehr erforderlich. Lediglich anfallende Selbstbehalte sind für Perücken der verschiedenen Tarifklassen zu bezahlen“, so Peter F. Pfister.
Für Friseurbetriebe, welche nur 1 bis 2 Perücken pro Monat oder Quartal verkaufen oder benötigen, ist es letztlich eine Kalkulationsfrage, ob sich der Aufwand einer Vertragspartnerschaft rechnet, denn auch die ELDA-Abrechnung (elektronische Abrechnung mit den jeweiligen Kassen) sind natürlich bürokratischer und finanzieller Aufwand. Für die Patient:innen bleibt sich alles gleich, diese müssen in solchen Fällen aber in Vorleistung gehen und nachträglich die Rückerstattung beantragen.
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